- come-on.de
- Nordrhein-Westfalen
Stand:
Von: Stephanie Kayser
Kommentare
Deutschland liebte die dralle Ulknudel aus dem Rheinland, aber Trude Herr konnte ihre Paraderolle irgendwann nicht mehr sehen. Die Kölner Künstlerin schmiss hin und reiste erstmal in die Sahara.
Köln – Trude Herr war ein Entertainment-Genie: Schauspielerin, Sängerin, Theaterdirektorin, Büttenrednerin, Autorin und mehr. Ihre Stimme war einmalig, ihr Humor auch. Trude Herr ist eine der wenigen Frauen, die in Köln unsterblich wurden. So erfolgreich sie beruflich war, so zerrissen war sie oft innerlich. Geboren 1927 als Gertrud Alexandra Herr in Köln-Kalk, starb sie mit nur 63 Jahren 1991 in Südfrankreich - als sie eigentlich gerade an ihrem großen Comeback arbeitete, wie yeswe.koeln berichtet.
Als Kind wurde Trude Herr ausgebombt
Die Kindheit im Krieg hat Trude Herr auch im Erwachsenenalter noch stark geprägt. Die Schauspielerin wuchs in armen Verhältnissen im rechtsrheinischen Köln-Mülheim auf. Das Geld war immer knapp: Ihr Vater, Robert Herr (*1891–†1961) war Lokomotivführer, saß aber wegen seiner Mitgliedschaft in der Kommunistischen Partei in Nazi-Deutschland fast durchgängig im Gefängnis, später sogar im Konzentrationslager.
Als das Haus der Familie Herr bei Bombenangriffen 1943 zerstört wurde, wurden die Herrs nach Hessen evakuiert, wo Trude ihre Ausbildung als Schreibkraft in der Stadtverwaltung Dillenburg beendete. Nach dem Krieg begann Trude in der Anzeigenabteilung der von der KPD herausgegebenen Zeitung „Die Volksstimme“ zu arbeiten.
Künstlerisch erfolgreich, kommerziell nicht
Nachdem ihre ersten Theaterversuche kommerziell nicht erfolgreich waren, fing Trude Herr als Bardame im Schwulenlokal „Barberina“ auf der Hohe Pforte an. Ab Mitte der 1950er Jahre versuchte sich die Kölner Künstlerin im Karneval an, machte Parodien als „Madame Wirtschaftswunder“ oder als „Besatzungskind“ - Humor mit viel gesellschaftskritischen Untertönen.
Das Publikum liebte sie, die Offiziellen weniger. Nachdem ihr das Festkomitee 1959 die Aufführung der parodistischen Nummer „Die Karnevalspräsidentengattin“ untersagt worden war, verzichtete sie auf weitere Auftritte im Karneval. Mit der auf hochdeutsch vorgetragenen Karnevals-Parodie „Die Fernsehansagerin“ hatte sie aber bereits 1957 die Aufmerksamkeit des Kabarettisten Willi Schaeffers (*1884–†1962) auf sich gelenkt. Der engagierte Trude Herr 1958 für sein Theater in Berlin.
Der bundesweite Durchbruch
In der Karriere der Herr ging es jetzt Schlag auf Schlag weiter. 1958 veröffentlichte sie ihre erste Platte („Bumsvallera”), es folgten erste Filmrollen. Der Durchbruch kam spätestens 1960 mit der deutschen Version von “Percolator” unter dem Titel „Ich will keine Schokolade (ich will lieber einen Mann)” und dem damals gefeierten Schlagerfilm „Marina”. In mehr als 30 Filmen spielte Trude Herr in wenigen Jahren mit: Ihre Rolle war meist die rheinische, resolut-naive Ulknudel. Aus heutiger Sicht wirken die Filme oft klamaukig. „Schlechte Filme”, wie Trude Herr später mal in einem Interview sagte. Aber diese Filme brachten ihr immensen Erfolg.
Ab Mitte der 60er begann ihre Film- und Schlagerkarriere abzuebben. Trude Herr fand den „munteren Lustfilm“ nicht mehr zeitgemäß, wollte sich von der Rolle der „komischen Dicken“ lösen. Ab 1964 reiste sie mehrmals in die Sahara, drehte dort eigene Filme, die aber nie fertiggestellt wurden. Bis heute existiert davon nur ein Rohschnitt. Trude Herr konzentrierte sich wieder auf ihren Ursprung: das Theater.
Ganz großes Theater in der Kölner Südstadt
Genauso derb wie sentimental kölsch – das wahre Leben ungefiltert: Von 1970 bis 1976 inszenierte die Künstlerin sehr erfolgreich mit eigenem Ensemble im Kölner Millowitsch-Theater. Sie ließ sich bei den Themen von den Stimmungen des Kölner Milieus inspirieren. Trude Herr war Mitglied der SPD und lebte in der Großen Brinkgasse am Rotlichtviertel. Wegen der schwierigen Zusammenarbeit mit Willy Millowitsch und dem bürgerlichen Umfeld des Theaters gründete sie im Juli 1977 ihr eigenes Theater, in einem leerstehenden Kino in der Severinstraße. Hier gab es kölschen Humor und kölsche Sentimentalität, garniert mit derber Bodenständigkeit und sozialkritischen Tönen. Obwohl ihr Theater im Vringsveedel das bestbesuchte Privattheater Deutschlands war – die Auslastung lag bei 97 Prozent – blieb das Geld immer knapp.
Zehn Jahre lang hatte Trude Herr als Direktorin, Produzentin, Autorin, Regisseurin, Kostümbildnerin, Sängerin und Hauptdarstellerin gekämpft, dann ging ihr die Puste aus – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie war schwer asthmatisch, gesundheitlich angeschlagen. Nach dem Aus des Theaters zog sich Trude Herr aus der Öffentlichkeit zurück. Ihren Abschied aus Köln nimmt sie dann 1987 mit einem ihrer bekanntesten Lieder “Niemals geht man so ganz”, das sie mit Tommy Engel und Wolfgang Niedecken gesungen hat.
Die private Trude Herr war ganz anders
So richtig glücklich war Trude Herr abseits der Bühne nie. Die private Trude war ein Kontrastprogramm zur lauten Bühnenfigur. Wie viele andere große Künstler war auch Trude Herr innerlich zerrissen, schwankte zwischen himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt, häufig unzufrieden mit sich und anderen und immer Perfektion als Anspruch, erzählen alte Weggefährten. Einfach war sie nicht.
„Ein schwieriger Charakter”, sagte ihre Nichte Gigi Herr später mal in einem Interview mit Hella von Sinnen über die Künstlerin. Selbstzweifel plagten Trude Herr immer wieder. Privat war sie nicht die unverwundbare Frau, die sie in der Öffentlichkeit zu sein schien. Sie wollte nicht nur als die dicke Ulknudel wahrgenommen werden. Die entbehrungsreiche Kindheit im Krieg hatte sie stark geprägt, sagte sie selbst einmal.
Die Kölner Künstlerin prägte ein für damalige Zeiten ungewöhnliches Fernweh. „Ich liebe meine Vaterstadt, aber ich bin nicht bereit, darüber den Verstand zu verlieren”, erklärte sie einmal.Ab 1964 reiste sie immer wieder in die Sahara, wo sie auch ihren späteren Mann, den Tunesier Ahmed M’Barek kennenlernte. Ihre Ehe hielt bis zum verflixten siebten Jahr. Scheidung 1976. In der Liebe hatte Trude Herr wenig Glück, wie ihre Schwester Agathe Hartfeld in einer Biografie erzählte.
Ein Leben lang Fernweh
Nach sie ihr „Theater im Vringsveedel” schließen musste, kam das Fernweh wieder hoch. Im Juli 1987 zieht sie auch aus gesundheitlichen Gründen auf dieFidschi-Inseln. Hier will sie sich der Schriftstellerei widmen. Sie wolle keinen mehr um sich haben, der ihr sagt, dass sie weitermachen solle, sagte Trude Herr in ihrem letzten Fernsehinterview 1988 mit Günther Jauch. Auf den Fidschi-Inseln verliebte sie sich später in ihren letzten Lebensgefährten Samuel Bawesi.
Anfang 1991 kehrte Trude Herr mit ihrer neuen Liebe nach Europa zurück. Von einem Comedy-Comeback war die Rede. Nach einem kurzen Aufenthalt in Köln zog sie sich in ihr Ferienhaus in Lauris bei Aix-en-Provence ins wärmere Südfrankreich zurück. Nach einem starken Asthma-Anfall starb sie an Herzversagen in der Nacht vom 15. auf den 16. März 1991. Trude Herr wurde im Familiengrab auf dem Kölner Nordfriedhof beigesetzt.
Die Legende unter den Facility-Managern, wie Hausmeister heute neudeutsch genannt werden. Dass er mit Hausmeister Krause mal den Anti-Helden der Nation erfindet, hätte Tom Gerhardt niemals gedacht. Alles begann im Keller seiner Eltern.